"Spiegel": In Gießen wurden die Leute illegal überwacht
Vorwürfe des Magazins gegen die Polizei – “Fehlerhaft und haltlos”
Gießen
(jl) In Gießen wurden nach einem Bericht des Wochenmagazins „Der
Spiegel“ 15 Häuser durch das Bundeskriminalamt mit Video-Kameras
observiert. In seiner neuesten Ausgabe, die gestern erschien, berichtet „Der
Spiegel“ unter der Überschrift „Auf dem Weg zum Überwachungsstaat“
über die Video-Fahndung der Polizei im Zusammenhang mit der Terroristenszene
und verschiedenen Anschlägen auf amerikanische Einrichtungen in Deutschland.
Unter anderem auch über Gießen.
In dem Artikel heißt es, dass in der hessischen Universitätsstadt
1981 mehrere Brandanschläge auf Gebäude der US-Armee verübt worden
seien. Kurz danach seien Bekennerbriefe der „Revolutionären Zellen“
(„RZ“) aufgetaucht.
Das Bundeskriminalamt habe, so „Der Spiegel“ keinerlei Spuren sichern
können. Als letzten Ausweg habe das BKA eine Video-Fahndung eingeleitet.
Dem Spiegelartikel nach wurden kurzerhand Angehörige von Wohngemeinschaften
im Raum Gießen observiert, gegen die nichts vorgelegen habe. Nach Ansicht
des Spiegels war das Fahndungsprogramm illegal.
Der Alltag der betroffenen Personen sollte transparent werden. Eines der 15
in die Überwachungsaktion eingeschlossenen Häuser im Giessener Stadtteil
Rödgen sei, so „Der Spiegel“, so abgelegen gewesen, dass es
dem Bundeskriminalamt nicht gelungen sei, eine Wohnung für die Observationsmannschaft
und ihre Technik anzumieten. Daraufhin habe bis März 1982 ein Video-Auto
mit gefälschten Giessener Kennzeichen auf der Dorfstraße geparkt.
Die Giessener Kriminalpolizei bezeichnete gestern gegenüber dem Anzeiger
die Spiegelveröffentlichung bezüglich Gießen als fehlerhaft
und haltlos. Der stellvertretende Leiter der Giessener Kripo, Struth, dazu:
„Die Giessener Kriminalpolizei hat keine Observationen wie der Spiegel
sie beschreibt durchgeführt und es ist auch nicht bekannt, dass das Bundeskriminalamt
hier tätig war. Ein weiterer Fehler im Spiegelartikel ist“, so Struth
weiter, „dass 1981 mehrere Brandanschläge auf US-Gebäude in
Gießen stattgefunden haben sollen. Die letzten beiden großen Anschläge
fanden im vergangenen Jahr, also 1982 statt. Ermittlungen darüber wurden
vom Hessischen Landeskriminalamt durchgeführt und nicht vom BKA.“
Auch der Leiter der Abteilung Staatsschutz bei der Giessener Kripo antwortete
gestern auf die Frage des Anzeigers, ob in Gießen Observationen wie im
Spiegel beschrieben durchgeführt wurden, mit einem klaren “Nein“.
Kommentar von Bernd Joschko: Man fragt einfach
die falsche Frage und den falschen Mann. „Die Giessener
Kriminalpolizei hat keine Observationen wie der Spiegel sie beschreibt durchgeführt
und es ist auch nicht bekannt, dass das Bundeskriminalamt hier tätig war.
Stimmt, das BKA war da und die Giessener Polizei weiß natürlich
nichts von dieser Aktion.
Auch der Leiter der Abteilung Staatsschutz bei der Giessener
Kripo antwortete gestern auf die Frage des Anzeigers, ob in Gießen Observationen
wie im Spiegel beschrieben durchgeführt wurden, mit einem klaren “Nein“...klar,
der weiß auch nichts, ist auch nicht vom BKA oder er lügt!
Die Obrigkeit hat "Angst vor der Bevölkerung".
Ein Beispiel am Rande. Als der Kinofilm "Alles unter Kontrolle",
der über meinen Ausstieg aus Gewissengründen berichtete, im größten
Hörsaal an der Giessener Uni erstmalig vorgeführt wurde, war auch
dort die aus Giessen-Rödgen stammende observierte Studentin und wir beide
gaben den Studenten Auskunft im vollbesetzten Saal. Später erfuhren wir,
das der zuständige Staatsanwalt diesen Film im Hörsaal beschlagnahmen
wollte, aber der Giessener Polizeichef es ablehnte, eine Hundertschaft Polizisten
in den Unihörsaal zu schicken - man befürchtete große Tumulte.